konstantinische Wende

konstantinische Wende
konstantinische Wende,
 
Bezeichnung für die Neuorientierung der römischen Religionspolitik im 4. Jahrhundert und den Übergang von der Zeit der Verfolgung des Christentums zur Reichskirche der Spätantike.
 
Die konstantinische Wende stellt einen der tiefstgreifenden und folgenreichsten Vorgänge der Kirchengeschichte dar, der äußere Gestalt und Selbstverständnis der Kirche bis heute mitbestimmt hat. Verknüpft mit dem Namen Konstantins I., des Großen, bildete sie den Endpunkt einer langen Entwicklung, während der die christliche Kirche durch ihre wachsende öffentliche Bedeutung die antike Religion allmählich ablöste. Nach der Gleichstellung des Christentums mit den übrigen Religionen (313) wurde es durch die Vergabe von Privilegien massiv gefördert, während die traditionelle Religion nur noch toleriert wurde. Unter Konstantin I. wurden eine Reihe von Repräsentationsbauten errichtet (Grabeskirche in Jerusalem, Geburtskirche in Bethlehem), der Klerus genoss Steuerbefreiung, und die Bischöfe wurden als Richter und letzte Berufungsinstanz in das Rechtswesen integriert. Der endgültige Durchbruch zum Staatskirchentum erfolgte unter Theodosius dem Großen. Mit der beginnenden Verflechtung und Durchdringung von Kirche und Staat begannen beide Bereiche ihr Wesen zu verändern. Den Christen boten sich nun neue Entfaltungsmöglichkeiten, so v. a. unbehinderte Gottesdienste und Mission sowie Einflussnahme auf das öffentliche Leben; gleichzeitig war der Wandel des Christentums zur Massenreligion mit einer Veräußerlichung des Glaubens verbunden. Auf staatlicher Seite förderte der christliche Einfluss humanisierende Tendenzen (Verbesserung der Situation der Sklaven, Einschränkung der Gladiatorenspiele, Abschaffung der Kreuzigung); der Kaiser griff in theologische Diskussionen ein und berief und leitete Synoden. Die damit eingeleitete enge Verbindung von Christentum und Staatsgewalt hat das Verhältnis von Kirche und Staat bis in die Neuzeit geprägt.
 
 
Die Kirche angesichts der K. W., hg. v. G. Ruhbach (1976);
 E. Herrmann: Ecclesia in re publica. Die Entwicklung der Kirche von pseudostaatl. zu staatlich inkorporierter Existenz (1980);
 J. Bleicken: Constantin der Große u. die Christen. Überlegungen zur k. W. (1992);
 K. Bringmann: Die k. W. Zum Verhältnis von polit. u. religiöser Motivation, in: Histor. Ztschr., Bd. 260, Heft 1 (1995).

Universal-Lexikon. 2012.

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